
Anish Kapoor, 1st Body, 2013, Kunstharz (Detail), Copyright Anish Kapoor/VG Bild-Kunst Bonn 2013, Foto: TGR. Der 1954 in Bombay geborene und in England ausgebildete Künstler hat während 30 Jahren ein herausragendes und sublimes Werk an Skulpturen geschaffen, das sich durch visuelle Prägnanz, leuchtend reine Farbigkeit und universelle Symbolik auszeichnet. Seinen umfangreichen Serien von pigmentierten Objekten und nun lackiertem Fiberglas und Edelstahl eignet eine spirituelle, raumbezogene Dynamik, welche sich im Prozeß der Werkbegegnung manifestiert (Mother as a Void, 1989-90; Building for a Void, Descent into Limbo, beide 1992). Wir haben aus unserer Berliner Dokumentation bewußt zwei Arbeiten aus dem jüngsten Werkzyklus ausgewählt, weil sie so vieldeutig und kraftvoll zum Ausdruck bringen, wo wir jetzt stehen. Die resultierenden Figurationen wirken trotz der amorphen Masse als Spirale, Tropfsteinsegment, Stamm allerdings keineswegs beliebig.

Anish Kapoor, Stick Men I-X (Detail), Zement, 2012-2013, Copyright Anish Kapoor/VG Bild-Kunst Bonn 2013, Foto: TGR. Hier einige Impressionen: Im großen Saal die Wucht des Geschehens in der Vorstellung, was hier passiert ist oder passieren könnte, kontrastiert vom leisen Geräusch der Förderbänder in der Realität. Unvorhersehbar, wann etwas geschieht. Und schon stürzt ein roter Quader; mit lautem Knall trifft er auf die schon am Boden liegenden auf.
Duftende Tore organischen Materials in Zartrosa. Zahlreiche Entdeckungsmöglichkeiten neuester Arbeiten dieses vielseitigen Künstlers. Größe des Werkes gleich Stärke des Eindrucks? Ich weiß es noch nicht. Jedenfalls nehmen die Formate weiter zunehmend monumentale Ausmaße an. Die Arbeit mit PVC-Plane „The Death of Leviathan 2011-2013“ lebt dagegen von der
Vorstellung ihrer Größe. „Shooting into the Corner“: Alles wartet gespannt oder entspannt – das ist es, was geschieht, das Warten, Sein, das Werk der Anlaß.
„Decent into Limbo“ von 1992 (documenta 1992, eingeladen von Jan Hoet, die wichtigste documenta für unseren Forschungsschwerpunkt!), neu installiert für Berlin, bleibt ein Geheimnis der Vorstellungskraft.
Erstaunlich: Eine schwarze Ecke von Kapoor, "Dirty Corner", 2010), aber kein Kommentar zu Beuys, denke ich.
Alles in allem eine herausragende Präsentation dieses Ausnahmekünstlers, Retrospektive und aktuelle Werkschau in einem, sowohl die stilleren wie die spektakulären Werke umfassend. Am 1. November meldet der Gropiusbau den 100000. Besucher. Salut! Es ist noch Zeit bis zum 24. November, die Zahl zu verdoppeln! Wir wünschen gutes Gelingen und danken für eine ausgezeichnete kuratorische Arbeit des Martin-Gropius-Bau Berlin.