Sonntag, 25. Mai 2014

Der Jawlensky-Arp-Raum im Museum Bahnhof Rolandseck

Foto-TGR-bis-050514-029-klJawlensky-Arp-Raum im Museum Bahnhof Rolandseck 2014 (Ausschnitt mit Colyn de Coters „Die heilige Veronika mit dem Schweißtuch“ [Öl/Lwd., um 1510] aus der Sammlung Rau für UNICEF), Foto: TGR.

Zum 150. Geburtstag von Alexej von Jawlensky (1864-1941) gibt es vielerorts Ausstellungen zu sehen in diesem Jahr, auch in „Raum 1“, Hofheim am Taunus. Hier soll auf einen ganz bemerkenswerten Raum hingewiesen werden, welcher im Arp-Museum Bahnhof Rolandseck im Rahmen der spannenden Ausstellung „Sammlung Arp 2014. Rendenz-vous des amis: Arp, Taeuber-Arp und Jawlensky“ (9.2.-1.6.2014) eingerichtet worden ist und in der dem Thema Figur besondere Aufmerksamkeit gewidmet wurde. In diesem besonderen Raum ist eine goldfarben gestrichene Wand zu sehen, die zwei Zitate von Hans Arp (1886-1966) trägt. Das eine lautet: „Uns schwebten Meditationstafeln, Mandalas, Wegweiser vor. Unsere Wegweiser sollten in die Weite in die Tiefe in die Unendlichkeit weisen.“ Man muß schon in entlegener Fachliteratur bewandert sein, um zu wissen, daß Hans Arp und Sopie Taeuber-Arp sich mit buddhistischen Mandalas und Philosophie befaßt haben. Das schöne Zitat ist ein deutlicher Hinweis darauf, dem aber leider nicht ein einziges der vermutlich noch nie gezeigten Werkbeispiele aus dem Nachlaß beigegeben ist. Dafür aber gibt es an den drei der goldenen Wand gegenüberliegenden Wandflächen eine vorzügliche Auswahl von Jawlenskys Werken (Heilandsgesichter, Abstrakte Köpfe, Grafiken) zu sehen, die den meditativen Charakter des gesamten Ensembles unterstreichen und beleben – eine Leihgabe des Museums Wiesbaden, welches weltweit über das zweitgrößte Konvolut von Werken des Ausnahmekünstlers verfügt.
In der begleitenden schönen Ausstellung zum Thema Turm im Obergeschoß des sehenswerten Museums von Richard Meier sind so herausragende Werke wie Giorgio de Chiricos „Die Archäologen“ (1969) und „Der große Metaphysiker“ (1970) aus der Fondazione Giorgio e Isa de Chirico (Rom) und James Lee Byars‘ „The Golden Tower“ (1982-1992) und „The Figure of Death“ (1986) in Begegnung mit spannenden Werken der Gegenwartskunst zu erleben.
Überhaupt ist dieser Ort am Mittelrhein ein Juwel in der deutschen Museumslandschaft, das immer einen Besuch lohnt! Im Internet: arpmuseum.org.

Zum Tode von Wieland Schmied (1929-2014)

2-format43Prof. Dr. Wieland Schmied (1929-2014), Foto: AP.

Am 22. April ist einer der herausragenden Gelehrten des 20. Jahrhunderts gestorben: der Lyriker und Kunsthistoriker, Lektor und Ausstellungskurator, Schriftsteller und langjährige Präsident der Bayerischen Akademie der Künste, Prof. Dr. Wieland Schmied (85).
Unter seinen epochalen Beiträgen aus dem Forschungszusammenhang von „Raum 1“ sind zuerst zu nennen: „Zeichen des Glaubens, Geist der Avantgarde, Religiöse Tendenzen in der Kunst des 20.Jahrhunderts“, herausgegeben Stuttgart 1980. Diese wichtige erste der beiden großen Überblicksausstellungen von Wieland Schmied zum Katholikentag (Schloß Charlottenburg Berlin, Sommer 1980), welche die Frage nach dem Transzendenten in der modernen Kunst über den kirchenchristlichen Horizont hinaus erweitert hat auch auf den Einfluß Asiens und des Buddhismus, darf nicht vergessen werden.
Die zweite der großen Überblicksausstellungen von Wieland Schmied zum Katholikentag (Martin-Gropius-Bau Berlin 7.4.-24.6.1990), welche die Thematik an Künstlern und Kunstwerken seit 1945 verdeutlichte und inhaltlich den Horizont weiter gespannt hatte zur Frage nach dem Verhältnis von Spiritualität und Gegenwartskunst, gehört ebenfalls in diese Reihe: „GegenwartEwigkeit, Spuren des Transzendenten in der Kunst unserer Zeit“, erschienen Stuttgart 1990.

Der international renommierte Kunsthistoriker legte zudem 2002 sein Grundlagenwerk zu Caspar David Friedrich (1975, 1992) erneut vor, welches in prägnanter Einführung und detaillierten Werkanalysen Modernität, Radikalität und Tiefenbedeutung dieses herausragenden Künstlers verständlich macht und dabei auch die zeitgenössische Rezeption zeigt und bewertet: „Wieland Schmied, Caspar David Friedrich“, Köln: DuMont Verlag 1992/2002. Auch seine mehrbändigen Studien zu Ezra Pound, die zahlreichen, während seiner Führung der Kestner-Gesellschaft Hannover (1963-1973) veranstalteten innovativen Ausstellungen und Kataloge zu Giorgio de Chirico, Alfred Kubin, Richard Oelze und anderen wichtigen Künstlern der ars phantastica sind unvergessen. Sein 1973 erschienenes Buch „Zweihundert Jahre phantastische Malerei“ gilt vielen als Referenzwerk zu dieser epochenübergreifenden Thematik.
Die Fähigkeit von Wieland Schmied, freundlich und bescheiden zurück zu treten und sich ganz auf sein Gegenüber, die Künstler und anderen Gesprächspartner, in seinem von beständiger Arbeit erfüllten Leben einzulassen, zeitigte im Rückblick eine Fülle heute noch und für die Zukunft wichtiger Ausstellungen und Publikationen, wie etwa die zu Mark Tobey. Hervorzuheben ist hier auch die lebenslange Freundschaft mit Friedensreich Hundertwasser, für dessen vielschichtiges Leben und Werk Schmied der wohl wichtigste Zeitzeuge und der verständigste Mentor gewesen ist.

Der 1929 in Frankfurt am Main geborene älteste Sohn des österreichischen Philosophen Walther Schmied-Kowarzik und der baltendeutschen Dichterin Gertrud von den Brincken zog 1939 mit seinen Eltern nach Wien, wo er nach Matura, Jura- und Kunstgeschichtsstudium in der Zeitschriften-Redaktion von „Die Furche“ arbeitete. 1960 wurde er Lektor des Insel-Verlags in Frankfurt und leitete danach die Kestner-Gesellschaft. In dieser Zeit wurde Schmied zum wichtigsten Anwalt des „Phantastischen Realismus“ im 20. Jahrhundert. Nach einer Tätigkeit als Hauptkustos der Berliner Nationalgalerie 1973-1975 leitete Wieland Schmied dort 1978-1986 das Künstlerprogramm des DAAD. Danach wechselte er als Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (1995-2004) nach München. Zudem war er 1980-1999 als Präsident der Internationalen Sommerakademie Salzburg engagiert. Zwischen 1986 und 1994 lehrte er als Professor für Kunstgeschichte an der Akademie der Bildenden Künste in München, 1988-1993 auch als ihr Rektor.

Wieland Schmied war seit 1966 mit der Grafikerin und Fotografin Erika Schmied verheiratet, mit der er zwei Töchter hat und u.a. 2004 den Band „Hundertwassers Paradiese“ herausgab. Er starb an seinem Alterswohnsitz im oberösterreichischen Vorchdorf/Lederau. Der überraschende Tod dieses seltenen Metaphysikers unter den Kunstverständigen ist ein großer Verlust für die spirituell inspirierte Weisheitsüberlieferung in der Gegenwartskunst. In den Bibliotheken und Archiven von „Raum 1“ und in der „Sammlung Thilo Götze Regenbogen“ werden seine Arbeiten, Kataloge, Interviews, Schriften und Korrespondenz kontextbezogen als kulturfeldüberschreitende Zeugnisse bewahrt.
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