Dienstag, 4. August 2009

Stellungnahme zum Konflikt um die Eichen/Basaltstelen-Allee am Museum Schloß Moyland

„Der Park von Schloss Moyland in Bedburg-Hau nahe der niederländischen Grenze entstand als Gartenanlage mit barocken Elementen – altes Alleen- und Grabensystem – bereits ab 1662 und erhielt später die Strukturen eines Landschaftsparks. Kunstkenner kommen im Joseph-Beuys-Archiv und der weiteren Sammlung im Schloss auf ihre Kosten. Der historische Park wurde Anfang bis Mitte der 1990er Jahre auf Grundlage eines Parkpflegewerks der Landschaftsarchitekten Gustav und Rose Wörner und J. Scheller mit großer Sensibilität rekonstruiert.
Sein gestalterisches Niveau, seine behutsame Wiederinstandsetzung und Weiterentwicklung, seine Schnörkellosigkeit und Klarheit sowie der gelungene harmonische Dreiklang von Natur, Garten und Kunst überzeugten auch die Jury und brachten dem Schlosspark Moyland den zweiten Platz ein. ‚An diesem Schlosspark gefällt insbesondere die klare historische Struktur und die Weitläufigkeit der gesamten Anlage’, zeigt sich Prof. Hartmut Balder begeistert. ‚Es ist ein außergewöhnliches und bleibendes Erlebnis, anspruchsvolle Bildende Kunst beim Spaziergang durch einen alten Park zu erleben’, schwärmt Prof. Dr. Kaspar Klaffke. Und Werner Küsters ergänzt: ‚Ein niederrheinisches Park- und Gartendenkmal, das im wahrsten Sinne gartenkunsthistorisch seinesgleichen sucht.’“ (Medieninformation Stiftung Museum Schloss Moyland 32/2006 vom April 2006, S.1)

Bereits die anläßlich einer Preisverleihung für die Parkanlage vor drei Jahren von der Stiftung Museum Schloss Moyland veröffentlichte Medieninformation weiß von den barocken Elementen in diesem Landschaftspark. Wie in zahlreichen Parkanlagen Europas hat es unter dem Einfluß von im weitesten Sinne romantischem Gedankengut, welches der Natur einen völlig anderen Stellenwert einräumt als noch zu Barock-Zeiten, eine Umarbeitung und Erweiterung der barocken Gestalt zum Landschaftspark gegeben. Mir ist kein Vorhaben bekannt, das den Rückbau eines historischen Landschaftsparks mit barocken Teilelementen in einen Barockgarten alter Prägung unternommen hätte. Wenn die neue Künstlerische Direktion am Museum Schloss Moyland ihre Absicht, „die sog. ‚Eichenallee’ durch Entfernung der Basaltstelen in ihren gartenhistorisch gesicherten Zustand zurück“ zu führen also mit der Wiederherstellung älterer Zustände begründet, bedeutet dies vielleicht auch, daß sie uns in die Zeiten absolutistischer Herrschaft zurückführen möchte? Noch vor drei Jahren hieß es aus dem Hause, „der historische Park“ sei „Anfang bis Mitte der 1990er Jahre auf Grundlage eines Parkpflegewerks der Landschaftsarchitekten Gustav und Rose Wörner und J. Scheller mit großer Sensibilität rekonstruiert“ worden und damals standen die einvernehmlich von U We Claus errichteten Basaltstelen ja schon zehn Jahre. Nun soll das alles mit Berufung einer neuen Direktorin Schnee von gestern sein?

Es sieht doch eher danach aus, daß mit dem Argument der Wiederherstellung eines historischen Zustands – als sei das etwas für sich schon Positives – dem ganzen Beitrag der engagierten Weiterführung des Projekts 7000 Eichen von Joseph Beuys die Legitimation und das Existenzrecht gerade hier entzogen werden sollen. Dabei wirkt diese relativ kurze Allee mit ihren älteren und jüngeren Bäumen für sich genommen weder sonderlich barock, noch gar auffällig als historisches Gartendenkmal.
Sie wird es erst durch die auf Initiative von U We Claus und im Einvernehmen mit allen vor Ort verantwortlichen Personen 1996 realisierten Steinsetzungen. Gerade diese einmalige und im Detail durchaus originelle Geste, für die sich – wie die Kritikerinnen sagen – kein weiteres Beispiel finden läßt, soll nun rückgängig gemacht werden. Die Wortwahl macht es deutlich: Im Barock fühlt man sich sicher und von historischen Beispielen umgeben; bei Beuys und dem Projekt 7000 Eichen und angesichts der Gefahr, daß noch lebende Künstler da mitmischen könnten, läßt man lieber die Bagger kommen und planiert die Stelen-Allee wieder.

U We Claus gehört seit über zwei Jahrzehnten zu den wenigen Künstlern, die ohne irgendwelche inhaltlichen Abstriche sich der Weiterführung der Arbeit von Joseph Beuys und seines Gedankenguts verschrieben haben. Er hat im Auftrag von Beuys gearbeitet und er hat nach meiner Kenntnis einen viel zu großen Respekt – und ich würde sogar sagen: er ist mit so viel Liebe zur geistigen Hinterlassenschaft seines Lehrers Beuys am Werk -, daß es schon ans Absurde grenzt, gerade ihm Verfehlungen im Umgang damit vorzuhalten.

Dieses Werk von U We Claus, welches sich in einer Vielzahl weiterer realisierter Wege, Steinsetzungen und Gartenanlagen ausspricht, wird in der Diskussion um die Baum-Basaltstelen-Allee in Moyland überhaupt nicht richtig eingeschätzt. Völlig zu Unrecht erscheint er in der Darstellung der lokalen Kritik bloß als Plagiator.
Im Kern ist die Idee der Beseitigung der Basalt-Stelen kunstfeindlich. Sie richtet sich ganz praktisch und direkt gegen jene Elemente der Allee, die erkennbar - und für manchen vielleicht immer noch provokant – über eine bloße Eichen-Allee hinausgehen. Daß dabei besonders die schräg gestellten und inzwischen so schön moosbewachsenen Stelen zu eigentlich sachfremden Anmutungen (Dentisten-Latein ausgerechnet von Eva Beuys, die es besser weiß) Anlaß geben, zeigt doch auch, daß U We Claus direkt an einer Plan-Geraden kippende, aber in sich stabile Steine des Anstoßes gesetzt hat, die ganz im Sinne von Beuys auch weiterhin Auseinandersetzungen herausfordern werden. Wer das vermeiden will, sollte zumindest nicht den Anspruch erheben, eine der wichtigsten Sammlungen mit Werken von Joseph Beuys den Menschen des 21. Jahrhunderts näher bringen zu können. Beuys hat keineswegs nur im Bild der Kunstlaien seit den 1960er Jahren die Nachfolge von Picasso angetreten, d.h. er muß irrtümlicherweise - aber mit voller Absicht - noch für jeden Müll herhalten, wenn es ums Kunsturteil geht.

Mit der Begradigung der vielschichtigen Moylander Präsentationsformen der Sammlung van der Grinten ist es jedenfalls nicht getan. Durchaus verständlich, daß nach dem Sammlermuseum nun das Kuratorenmuseum kommen soll. Jede und jeder, die an verantwortlicher Stelle tätig sind, wollen ihren Gestaltungs-spielraum nutzen und wo möglich erweitern und auch neue Akzente setzen.

Dieses Interesse steht auf historischem Grund und an so exponierter Stelle im Kunstdiskurs aber in Spannung zu den überlieferten Formen und Inhalten, denen es ebenso gerecht werden muß, soll nicht die eigene Qualifikation in Frage gestellt sein.
Die Aufgabe ist keineswegs neu, aber sie muß immer wieder aufs Neue bewältigt werden. Dabei Farbe zu bekennen, läßt sich kaum vermeiden. Dr. Bettina Paust, die künstlerische Direktorin, beweist Mut zu eigenständigen Schritten. Anstatt die Stellen, an denen die Basalt-Stelen in der Eichen-Allee heute noch stehen, „zuzupflastern“, sollte sie besser das Gespräch mit dem ehemaligen Schloßherrn von Steengracht führen, damit die Allee einseitig geöffnet werden kann und die Besucherinnen und Besucher die Schönheit der Allee selbst erleben können. Wir werden wohl noch in diesem Jahr alle selbst beurteilen können, wer auf diesem Felde auf Seiten der Musealisierung steht und wer das lebendige Erbe trägt.

Thilo Götze Regenbogen

P.S. U We Claus teilte am 20.8.09 brieflich mit: "Ich sammle weiter bis die Steine bleiben dürfen.!" Wer also noch Einwendungen erheben, den Aufruf unterzeichnen will, hat dazu weiterhin Gelegenheit, Adressen siehe unter Forschung beim Aufruf von U We Claus.
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